Pflegegrad: Antrag, Geldleistungen, Begutachtung und Einstufung
Artikelübersicht:
Viele unserer Kunden stellen uns oftmals die Fragen: “Wo bekomme ich Pflegeleistungen?“, „Ab wann ist man denn pflegebedürftig?“, oder „Wie bekommt man einen Pflegegrad?“.
In diesem Artikel möchten wir deshalb erklären,
- … wie eine Einstufung der Beeinträchtigung bzw. Hilfsbedürftigkeit eines zu pflegenden Menschen ermittelt wird
- … wie daraus der Pflegegrad berechnet wird
- … welche Geldleistungen Sie in den Pflegegraden 1 bis 5 erwarten können und
- … wie Sie den Antrag auf die Pflegegrad-Einstufung stellen
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Antrag auf einen Pflegegrad oder Höherstufung ist kostenlos
- Er wird über die Kranken- bzw. Pflegekassen erstellt (z.B. AOK, BARMER, DAK)
- Von der Kontaktaufnahme bis zum Bescheid vergehen ca. 4 bis 8 Wochen
- Die Einstufung und der Anspruch auf Leistungen gilt rückwirkend
- Die Widerspruchsfrist gegen den Bescheid beträgt 4 Wochen
1. Pflegegrade 1 bis 5: Die Sach- und Geldleistungen
Ist ein Mensch nicht mehr in der Lage, seinen Alltag ohne fremde Hilfe zu bewältigen, so ist er durch verschiedene Pflege- und Betreuungsleistungen im Gesundheitssystem abgesichert. Diese Leistungen ermöglichen dem Betroffenen, Hilfe zu erhalten. Zum Beispiel in Form von Pflegeleistungen durch einen Pflegedienst wie Serva oder durch Angehörige.
Je höher der “Pflegegrad” des Pflegebedürftigen, desto höher sind auch die Leistungen, die er von der Pflegekasse erhält - und zwar sowohl als Sachleistungen wie auch als Geldleistung (Pflegegeld):


2. Warum ist eine Ein- oder Höherstufung so wichtig
Serva Abkürzung:
Zum Artikel Pflegegrad? Diese Leistungen stehen Ihnen zu
Der Leistungsunterschied zwischen zwei Pflegegraden kann dabei bis zu 8.268,- EUR im Jahr betragen. Aus diesem Grunde ist für viele Betroffene der Antrag auf einen Pflegegrad oder eine Höherstufung im Hinblick auf ihre Versorgungssituation sehr wichtig. Schon aus diesem Grund ist es wichtig, den Pflegegrad richtig zu berechnen.
3. Wann und wie wird der Antrag auf einen Pflegegrad gestellt
Der Antrag auf eine Begutachtung und Einstufung in einen Pflegegrad sollte dann gestellt werden, wenn Anzeichen einer Pflegebedürftigkeit zu erkennen sind. Die Definition der Pflegebedürftigkeit findet sich im Sozialgesetzbuch XI §14 Abs. 1.
Demnach sind Menschen pflegebedürftig, die
- eine geistige, körperliche oder seelische Beeinträchtigung haben
- gewöhnlich und wiederkehrend in den Verrichtungen des täglichen Lebens Hilfe brauchen
- für mindestens sechs Monate Hilfe benötigen
- in erheblichem oder im höheren Maße hilfsbedürftig sind.
Kurz: Wenn ein Mensch nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag ohne fremde Hilfe zu bewältigen, dann sollte eine Pflegegrad-Einstufung beantragt werden.
Eine Höherstufung wird dann beantragt, wenn sich der Zustand des Pflegebedürftigen verschlechtert hat, bzw. sich die Hilfsbedürftigkeit erhöht hat. Jede Begutachtung ist kostenlos – man sollte sich also nicht scheuen, einen Neuantrag oder einen Antrag auf Höherstufung zu stellen. Vorsicht: auch eine Rückstufung in einen niedrigeren Pflegegrad ist möglich.
Den Antrag auf Sach- und Pflegeleistungen sowie Informationen rund um die Antragstellung und Eingruppierung erhält man von der Pflege- bzw. Krankenkasse. Hier wird zunächst von der betroffenen Person oder deren gesetzlichen Vertreter ein Antrag für eine medizinische Begutachtung durch den MDK gestellt (der MDK ist der medizinische Dienst der Krankenversicherung und der Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung).
4. Vorbereitung auf die Begutachtung
Von der Kontaktaufnahme mit der Kranken- bzw. Pflegekasse bis zur Begutachtung können bis zu 6 Wochen vergehen. Dann kündigt der MDK seinen Hausbesuch in schriftlicher Form an. Darin sind das genaue Datum und der Name der Begutachtungsperson angegeben. In der Regel kommt immer nur eine Person zur Begutachtung.
Im Schreiben ist auch angegeben, welche Unterlagen bereitgehalten werden sollen. Wichtige Unterlagen sind zum Beispiel
- Entlassungsberichte von Kliniken
- Berichte von Fachärzten, ärztliche Berichte und Diagnosen
- Medikamentenplan, sowie
- bereitstehende und verwendete Hilfsmittel wie Pflegebett oder Rollstuhl.
Falls bereits ein Pflegedienst zu Ihnen kommt, ist auch die Pflegedokumentation wichtig.
Der Gutachter kann hier unter Anderem herauslesen, inwieweit ein Hilfebedarf in der Vergangenheit notwendig war und ob sich dieser verändert hat.

Sie sind sich nicht sicher, ob eine Höherstufung aktuell sinnvoll ist oder haben Fragen zur Einstufung? Sie möchten sich so gut wie möglich auf den Einstufungstermin vorbereiten? Holen Sie sich Unterstützung! Als ambulanter Pflegedienst geben wir Ihnen wertvolle Tipps und Informationen für die Begutachtung.
Im Rahmen der Vorbereitung sollten sie auch nicht vergessen, den Pflegedienst oder eine Bezugsperson über den Termin zu informieren – diese können im Rahmen der Begutachtung eine wertvolle Hilfe sein.
5. Begutachtungsverfahren und Bescheid
Die Dauer der Begutachtung durch den Mitarbeiter des MDK beträgt ca. 2 Stunden.
Wie bereits erwähnt ist es wünschenswert, dass ein Angehöriger, eine Vertrauensperson oder der gesetzliche Vertreter mit anwesend sind. Diese können helfen, dem Begutachter ein ehrliches Bild von der Pflege- und Betreuungssituation zu vermitteln.
Im Rahmen der Begutachtung wird beurteilt, wie selbständig die betroffene Person ist.
Die Bewertung erfolgt durch ein einheitliches, gesetzlich vorgegebenes Punktesystem. Umso schwerwiegender die Beeinträchtigung, umso höher die Punktzahl. Aus dieser Punktebewertung berechnet sich dann der Pflegegrad. Und wie Sie ja wissen: Je höher der Pflegegrad, desto höher der Leistungsanspruch.
Die Prüfpunkte zur Einstufung und Pflegegrad-Berechnung
Die Begutachtung erfolgt grundsätzlich nach sechs Kriterien (auch Module genannt). Diese sind maßgebend, um den Pflegegrad zu berechnen und als pflegebedürftig eingestuft zu werden.
Im Folgenden finden Sie einen kurzen Überblick der Prüfpunkte der sechs Module und zur Berücksichtigung von kognitiven und psychischen Erkrankungen. Klicken Sie zum Lesen auf "Die Prüfpunkte der sechs Module zur Begutachtung".
Die Prüfpunkte der sechs Module zur Begutachtung
Modul 1: Mobilität
Prüfpunkte:
- Wie ist die körperliche Beweglichkeit
- Kann die Sitzposition gehalten werden
- Wie erfolgt das Zubettgehen oder das Aufstehen aus dem Bett und die Fortbewegung innerhalb der Wohnung
- Ist der Gang zum Bad, zur Toilette oder das Treppensteigen möglich
- Kann die betroffene Person Barrieren bewältigen
Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Prüfpunkte:
- Ist eine sinnvolle Kommunikation möglich
- Ist der Betroffene über Zeit, Sachverhalte und Ort orientiert oder desorientiert
- Kann der Betroffene Gespräche nachvollziehen
- Sind Einschränkungen bei Aufmerksamkeit oder Erinnerung erkennbar
- Können Risiken erkannt und bewältigt werden (z.B. Türschwellen oder Stolperfallen wie Teppiche und andere Gegenstände)
Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Probleme
Prüfpunkte:
- Sind Ängste, Aggressionen oder nächtliche Unruhe erkennbar
- Zeigt der Betroffene ein massives Abwehrverhalten bei der Pflege oder bei einer unterstützenden Maßnahme (z.B. Hilfe beim Gehen)
- Sind Sinnestäuschungen oder Wahnvorstellungen erkennbar
Modul 4: Selbstversorgung
Prüfpunkte:
- Kann sich der Betroffene selbständig waschen, duschen, an- und auskleiden
- Erfolgt das Essen und Trinken selbständig
- Kann der Betroffene ohne fremde Hilfe die Toilette aufsuchen
- Kontinenz und selbständiger Umgang mit Inkontinenzprodukten
Modul 5: Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
Prüfpunkte:
- Kann der Betroffene selbständig seine Medikamente richten und einnehmen
- Kann er mit Hilfsmittel oder Prothesen umgehen
- Ist ein selbständiger Arztbesuch möglich
Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und soz. Kontakte
Prüfpunkte:
- Ist der Betroffene fähig, den Alltag selbständig zu gestalten
- Kann er Kontakte zu anderen Menschen aufnehmen und pflegen (z.B. Besuch der Seniorengruppe oder Kirchengang)
Berücksichtigung von kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen
Durch in Kraft treten des Pflegestärkungsgesetzes 2017 werden körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen gleich bewertet. D.h. dementiell erkrankte Menschen ohne körperliche Beeinträchtigung haben Anspruch auf Pflegeleistung. Seit der Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II im Jahr 2017 wird auf die Demenz ein besonderes Augenmerk gelegt.
Jedes Kriterium / jede Kategorie wird mit Punkten bewertet. Die Module sind wie folgt gewichtet:
Die so gewichteten Punktzahlen aus den einzelnen Modulen werden dann addiert und ergeben den Pflegegrad.
Pflegegrad 1 bis 5 - Die Einstufung nach Punkten
Einstufung | Beeinträchtigung |
Punktzahl |
---|---|---|
Kein Pflegegrad | Keine Beeinträchtigung | Unter 12,5 |
Pflegegrad 1 | Geringe Beeinträchtigung | 12,5 bis 26 |
Pflegegrad 2 | Erhebliche Beeinträchtigung | 27 bis 47 |
Pflegegrad 3 | Schwere Beeinträchtigung | 47,5 bis 69 |
Pflegegrad 4 | Schwerste Beeinträchtigung | 70-89 |
Pflegegrad 5 | Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die Pflege | 90 bis 100 |
Der Bescheid über den Erhalt eines Pflegegrades (bzw. die Ablehnung eines solchen) wird an den Betroffenen oder an dessen gesetzlichen Vertreter zugeschickt. In der Regel trifft der Bescheid ca. 2 Wochen nach der Begutachtung ein.
Was viele nicht wissen: Die Pflegeleistungen werden rückwirkend ab Antragstellung geleistet.
Sollte man mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht mit einverstanden sein, so kann innerhalb einer Frist von 4 Wochen Widerspruch eingelegt werden.
Sie haben noch Fragen zum Thema Pflegegrad Antrag? Als ambulanter Pflegedienst stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Natürlich können Sie sich auch an die für den jeweiligen Pflegebedürftigen zuständige Kranken- bzw. Pflegekasse wenden.
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